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Nordrhein-Westfalen

Teilnehmer der Veranstaltungsreihe „Punkt12“ in Bielefeld.

Teilnehmer im Gespräch über neue Wege der Ausbildung.

05. Dezember 2017

Neue Veranstaltungsreihe für Unternehmen „Punkt12“ in Bielefeld gestartet: Unternehmen entdecken beim Runden Tisch neue Wege in der Ausbildung

Unbesetzte Ausbildungsstellen, mangelnde Qualifikation und Ausbildungsreife, fehlende Motivation und Leistungsschwäche – das sind die Probleme, mit denen Ausbildungsbetriebe zu kämpfen haben. Besonders in der in der gewerblich-technischen Ausbildung gibt es diese Defizite, doch auch im kaufmännischen Bereich funktioniert Ausbildung oft nicht reibungslos. Um gemeinsam mit Unternehmen Lösungsansätze zu finden, hat das Unternehmens-Netzwerk INKLUSION am 12. Oktober 2017 zu einem Runden Tisch in Bielefeld eingeladen. Unternehmensvertreter diskutierten mit Experten von der IHK, der Agentur für Arbeit und des Jobcenters über erfolgsversprechende Wege in der Ausbildung. Viele Erfahrungen und Tipps wurden weitergegeben.

AZUBI-Knigge
So schicken einige Unternehmen Ihre Azubis direkt zu Beginn zu einem „Benimm“-Kurs bei der IHK oder bei einem Bildungsträger wie der Fortbildungsakademie der Wirtschaft. Dort lernen sie etwas über ordentliche Kleidung im Betrieb, höflichen Umgang mit Vorgesetzten und allgemeine Verhaltensregeln wie zum Beispiel Pünktlichkeit. Grundsätzlich sind das alles Selbstverständlichkeiten – könnte man annehmen. Vielfach müssen die Ausbilder noch Erziehungsarbeit leisten, die an anderer Stelle versäumt wurde. Eltern, Schule, aber auch die jungen Menschen selbst müssten aus Sicht der Teilnehmer besser an diesen Grundsatzvoraussetzungen arbeiten.

„Ich will Spaß!“
Weitere Knackpunkte sind falsche Vorstellungen vom Beruf und die damit oft verbundene Demotivation. Schulabgänger wollen einen Beruf erlernen, der Spaß macht und ihren Interessen und Neigungen entspricht. Sie sind aber nicht gut genug informiert über die betrieblichen Anforderungen und die auszuübenden Tätigkeiten. Verbringen junge Leute zuhause viel Zeit vor dem Rechner oder Tablet, halten sie eine Bürotätigkeit am PC vielleicht für ideal. Dabei haben sie nur wenig Vorstellung von dem doch eher routinierten Job eines Buchhalters oder eines Einkaufssachbearbeiters. Hier kann eine bessere Vorbereitung durch verschiedene Praktika oder die Teilnahme an Maßnahmen zur Berufsorientierung helfen. Die Agentur für Arbeit bietet dazu ihre Berufsberatung und die Berufsinformationszentren (BIZ) an.

Erste Hilfe
Die meisten Teilnehmer hörten zum ersten Mal von ausbildungsbegleitende Hilfen (abH). Diese können zum Beispiel bei Leistungsmängeln und Schulproblemen gewährt werden. Azubis erhalten dann Stützunterricht und sozialpädagogische Betreuung. Die Betriebe können zusätzlich Beratungsleistungen in Anspruch nehmen. Deutlich wurde aber auch: Die Unternehmen müssen ihre eigenen Anforderungen überprüfen: Ist das (Fach-)Abitur zwingend erforderlich für diese Ausbildung? Reicht in eher praktisch ausgerichteten Berufen nicht der Hauptschulabschluss, wenn schulische Leistungen mithilfe von Förderunterricht verbessert werden können? Sind Assessment Center das richtige Auswahlinstrument für Realschulabgänger? Nicht, wenn von vornherein klar ist, dass sie aufgrund ihres Alters und der damit verbundenen Persönlichkeitsentwicklung schlechter abschneiden werden.

Aktiv werden!
Manchen Unternehmen gelingt es nur schwer, geeignete Auszubildende zu finden, da der Beruf oder die Branche unattraktiv wirken. Da kann es hilfreich sein, mehr aufzuklären, zum Beispiel auf der eigenen Website oder durch die Teilnahme an Ausbildungskontaktmessen. Auch eine Vernetzung mit den lokalen Schulen ist von Vorteil. Das Unternehmen kann sich und die angebotenen Ausbildungsberufe direkt den Schülerinnen und Schülern vorstellen. Oft wird diese Aufgabe von Auszubildenden übernommen, denn sie wissen am besten, was Gleichaltrige interessiert. In Praktika kann dann getestet werden, ob man zueinander passt.
 

Potentiale ausschöpfen - Neue Wege gehen!
Die Teilnehmer informierten sich auch über die Bewerbergruppe der behinderten Jugendlichen. Über das Potential von jungen Menschen mit Behinderung ist in den Unternehmen oft nur wenig bekannt. Dabei gibt es bereits eine Vielzahl anerkannter Ausbildungsberufe für die meisten Branchen (theoriereduzierte Berufe / Fachpraktiker-Berufe). So gibt es den 2-jährigen Ausbildungsgang Fachpraktiker/innen im Verkauf. Die Ausbildung lehnt sich an die Ausbildung Verkäufer/in im Einzelhandel an, legt aber den Schwerpunkt auf praktische Tätigkeiten und ist im Theorieanteil reduziert. Die IHK-Referenten für Berufliche Bildung, beraten zu diesen Ausbildungsgängen, die insbesondere für lernbehinderte Jugendliche geeignet sind. Agentur für Arbeit und Jobcenter unterstützen Unternehmen hier in der Regel mit finanzieller Förderung, Stützunterricht und Beratungsangeboten.

Interessant sind auch kooperative Ausbildungswege für Jugendliche, die es aus unterschiedlichsten Gründen nicht geschafft haben, einen Ausbildungsplatz zu finden. So findet bei einer Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE) der praktische Teil der Ausbildung im Betrieb statt, zusätzlich leistet ein Bildungsträger Nachhilfe, Prüfungsvorbereitung und sozial-pädagogische Begleitung. Finanziert wird die Ausbildung von der Agentur für Arbeit bzw. vom Jobcenter, so dass dem Unternehmen keine Kosten entstehen.

Fazit: Es gibt noch viel zu tun im Bereich Ausbildung. Die Betriebe benötigen dabei an vielen Stellen Unterstützung. Bei diesem Runden Tisch in Bielefeld wurde der Grundstein zu einer besseren Vernetzung zwischen Unternehmen und Ausbildungsexperten gelegt.